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Die in den siebziger und achtziger Jahren häufig gestellte Streitfrage "Computer - ja oder nein?" wurde durch die technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung mit einem klaren Ja beantwortet, bevor man noch ausdiskutiert hatte. Jetzt, am Beginn des neuen Jahrtausends, kann die Frage nur noch lauten: "Wie kann man den Computer sinnvoll, d.h. zum Vorteil des Einzelnen und zum Vorteil der Gesellschaft, einsetzen und wie können negative Auswirkungen hintan gehalten werden?" Wer heute noch meint, unsere Kinder sollten gänzlich ohne Computer aufwachsen und seien trotzdem oder gerade deswegen bestens für die Zukunft gerüstet, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, ein wirklichkeitsfremder Maschinenstürmer zu sein. Die Entwicklung, die Verbreitung und der Gebrauch von Computern lässt sich genauso wenig aufhalten wie einst die Erfindung und der Gebrauch des Rades, der Schrift, des Buchdrucks oder des Taschenmessers.
Immer wieder artikuliert wird die Sorge, dass mit unseren Kindern eine Generation heranwachsen könnte, die durch übertriebenes Computerspielen ebenso kalt, berechnend und herzlos werden könnte wie die Maschinen selbst. Diese Sorge ist durchaus berechtigt - falls man dem Computer die Erziehungsarbeit überlässt und meint, dadurch weniger Zeit für den Nachwuchs aufwenden zu müssen! Das führt zum gleichen katastrophalen Ergebnis wie der Missbrauch des Fernsehers als "Babysitter". Es ist sicher nicht dem Fernsehapparat, sondern unserer eigenen Bequemlichkeit und Vorbildwirkung zuzuschreiben, wenn unser Nachwuchs einen großen Teil seiner Freizeit vor der Glotze verbringt.
Kinder brauchen bekanntlich Freiräume, in denen sie sich bewegen und ihre eigenen Grenzen ausloten können, wie die Luft zum Atmen. Sie wollen und müssen ungestraft Erfahrungen machen, sich mit anderen austauschen, auseinandersetzen, zusammentun und Kräfte messen. Wenn Kinder (und nicht nur sie!) solche Bedürfnisse haben, warum sitzen sie dann stundenlang in starrer Körperhaltung bei einem Computerspiel? In der Schule schaffen es die gleichen Kinder oft nicht einmal zehn Minuten lang, ruhig zu sitzen!
Die Erklärung für diesen Widerspruch ist ebenso verblüffend wie einfach: Genau wegen dieser Bedürfnisse! Frei nach André Heller: "Die wahren Abenteuer sind im Kopf, und sind sie nicht im Kopf, dann sind sie nirgendwo." Kinder - und nicht nur Großstadtkinder - finden heute weit weniger echte Freiräume vor, als etwa unsere Generation vor ein paar Jahrzehnten. Auch wenn ich nicht Gefahr laufen will, die "gute, alte Zeit unserer Jugend" zu verklären, so braucht man sich nur als ein nachprüfbares Beispiel von vielen die Dichte des Verkehrs an der nahegelegenen Durchzugsstraße vor Augen halten. Oder vergleichen, wie viel unverbaute Natur in der näheren Wohnumgebung noch vorhanden ist.
Beim Computerspielen können Kinder Erfahrungen und Fehler machen, ohne dass ihnen wirklich etwas passiert. Sie messen ihre Kräfte mit Freunden, indem sie versuchen, mehr Punkte oder höhere Spielebenen als diese zu erreichen. Sie tun sich zusammen und treffen sich bei dem, der das neueste "Game" hat. Sie helfen einander weiter, wenn's bei einem Spiel knifflig wird und tauschen Spielerfahrungen und Spieldisketten aus. Und der Computer macht das, was sie wollen. Der Computer gehorcht ihnen (einmal einer, der den Kindern gehorcht, sonst müssen immer sie gehorchen!). Aus all diesen Gründen ist den meisten Kindern der Computer lieber als das Fernsehen, das ihnen zwar Unterhaltung bietet, bei dem sie aber nicht aktiv eingreifen können.
Der überaus erfolgreiche Einzug von Computer und Internet in die Wohn- und Kinderzimmer öffnete naturgemäß auch für skrupellose Typen, die mit gewaltverherrlichenden, pornographischen oder rechtsradikalen Programmen Geschäfte machen, die Tür. Der Umstand, dass viele Eltern sich beim Computer weniger auskennen als ihre Kinder, kommt solchen Machenschaften natürlich sehr entgegen. Daraus ergibt sich, dass man hier mit "Vogel-Strauß-Politik" kaum weiterkommen wird. Es ist sicher besser, wenn man sich selber auch beim Computer auskennt und den Kindern Alternativen anbietet: Allgemein im Freizeitbereich, aber auch in Form gewaltfreier Computerspiele. Kinder denken beim Computer vor allem ans Spielen. Das ist verständlich. Gameboy und Spielkonsolen z.B. von Nintendo, Sega oder Sony sind ja praktisch ausschließlich zum Spielen geeignet. Entsprechende Werbung, die sich an Kinder und Jugendliche wendet, sowie der im Vergleich zu einem vollwertigen Multimedia-PC niedrige Preis geben oft den Ausschlag für den Kauf eines reinen Spielcomputers. Durch den Internet-Boom findet jedoch auch der "Allround-PC" reißenden Absatz. Die privaten Haushalte und die Zielgruppe Kinder und Jugendliche stehen im Zentrum des wirtschaftlichen Interesses. Über die Hälfte der Programme, die weltweit produziert werden, richtet sich an Kinder und Jugendliche!
Die Software, die für Kinder gemacht wird, konnte man bis vor kurzem grob in Lernprogramme und Spiele einteilen. "Trockene" Lernprogramme werden allerdings von den wenigsten Kindern länger als sie "müssen" benützt. Edutainment-Programme (eine Kunstwort aus Education und Entertainment) lassen die Grenzen zwischen Wissenserwerb und Spielen verschwinden, indem sie entdeckendes, selbstgesteuertes und lustvolles Lernen ermöglichen. Gute Edutainment-Programme haben keinen starren Ablauf, sondern lassen jedem Benutzer seinen eigenen (Lern-) Weg darin gehen. Spaß und Spiel stehen oft im Vordergrund, und so ganz nebenbei lernt man dazu. Ähnlich sind auch einige neuartige Kinderlexika auf CD-ROM gestaltet: Der geschriebene Text kann auf Wunsch auch vorgelesen werden, bunte Bilder, kurze Videos, Animationen und Klänge peppen die Lexika auf. Heute werden bereits mehr Lexika auf CD-ROM als in Buchform verkauft.
Obwohl die Lern- bzw. Edutainment-Software in der letzten Zeit weitaus kindgerechter geworden ist, stehen die "reinen" Spiele in der Beliebtheitsskala bei Kindern nach wie vor ganz oben. Wir sollten das grundsätzlich auch gar nicht negativ sehen, denn bekanntlich "ist der Mensch nur dort ganz Mensch, wo er spielt."
3. In welche Kategorien werden Computerspiele üblicherweise eingeordnet?
4. Welche Rolle hat das Internet in Bezug auf Computerspiele?
Das Internet, das sich derzeit fast explosionsartig ausbreitet, ist drauf und dran, auch für Computerspieler zur wichtigsten Quelle zur werden. Im "Web" finden sich nicht nur massenhaft Werbung, Promotion-Sites, Cheats (Tipps zu den Spielen und zur Aktivierung versteckter Programmfunktionen) und Patches (Programmcode, um Original-Computerspiele abändern und leichter gewinnen zu können) für die neuesten Games auf CD-ROM und DVD, sondern es dient zunehmend auch selbst als Plattform für die Spiele. Mehrspieler-Games übers Netz (wobei jeder Teilnehmer eine Original-CD-ROM im Laufwerk liegen haben muss) sind stark im Kommen, da auch eingefleischte Computerspieler menschliche Mitspieler und Gegenspieler dem unpersönlichen Computer vorziehen.
5. Woran liegt es, dass sie meisten Edutainment-CD-ROM im Unterricht kaum einsetzbar sind?
Die meisten heute erhältlichen Spiel&Lern-CDs, orientieren sich am sogenannten "Nachmittagsmarkt" und nicht an den Bedürfnissen der Schulpraxis. Um sich hier durchsetzen zu können, braucht es vor allem: Eine riesige Hochglanz-Verpackung, ein niedliches Tier oder ein Fantasiewesen möglichst in 3D-Grafik, Multimedia und Action bis zum Abwinken - schließlich gilt es, sich in der Gunst der lieben Kleinen neben Action-Games, Autorennen und Kampfspielen aller Art einen Platz zu erobern.
Ein marktgerechtes Computerspiel zu entwickeln erfordert dadurch einen sehr hohen Kapitaleinsatz für Grafiker, Programmierer, Computer-Animateure und vor allem für Marketing und Werbung. Schließlich gilt es, das Produkt innerhalb weniger Monate in möglichst hohen Stückzahlen zu verkaufen, sonst bleibt man unweigerlich darauf sitzen - zu schnell schreitet die Entwicklung der (Computer-)Technik voran.
Unter diesen Voraussetzungen nimmt es nicht Wunder, wenn die pädagogisch-didaktische und die ergonomische Komponente oft zu kurz kommen. Welche Firma kann es sich leisten, ein Computer-Lernspiel monatelang an unterschiedlichen Schulstandorten ausgiebig erproben zu lassen, um die Rückmeldungen dann ins Programm einzuarbeiten und diesen Regelkreis so lange fortzusetzen, bis das Ergebnis wirklich passt, wenn die Konkurrenz ohne diese aufwändige Prozedur in der Zwischenzeit schon im Regal steht und "Cash" macht? Die Tatsache, dass es bei Computer-CDs (aus begreiflichen Gründen) kein Rückgaberecht gibt, begünstigt diese Entwicklung noch zusätzlich.
Auf der anderen Seite gibt es viele kleine, aber gut gemachte Lern- und Übungsprogramme, oft von Lehrern in der Freizeit und aus Idealismus programmiert. Nur: Wer kennt die schon?
6. Welche Eigenschaften zeichnen gute Computer-Lernspiele aus?
Wenn Sie sich mit diesem Kriterienkatalog auf die Suche nach geeigneten Programmen machen, werden Sie schnell feststellen, dass es kaum ein Lernspiel gibt, das allen genannten Punkten genügt. Die Frage ist dann: Bei welchen Punkten können Sie Abstriche akzeptieren?
Leider muss meistens "die Katze im Sack gekauft" werden. Firmenprospekte und Cover sagen so gut wie nichts über die Brauchbarkeit eines Lernspiels aus - eigenes Erproben (sofern überhaupt möglich) und Empfehlungen aus dem Kollegenkreis sind da hilfreicher.